Der rasante Anstieg der US-Renditen bereitet Anlegern an den Finanzmärkten starke Kopfschmerzen. Der Abverkauf bei Staatsanleihen bringt dabei den globalen Bondmarkt unter Druck und lässt auch andere Anlageklassen wie Gold und Aktien nicht unberührt. An den Märkten setzt sich allmählich das neue Mantra der US-Notenbank Fed durch, dass die Zinsen länger höher bleiben werden – „increased for longer“. Infolgedessen werden globale Anleihen unter Beschuss genommen, da Treasuries ihren Weg durch den Weltmarkt im größten Ausmaß seit dem Ausbruch der Pandemie im Jahr 2020 bahnen. Die Realrenditen sind indessen auf den höchsten Stand seit 2007 gestiegen – bevor Aktien crashten.
Wie Bloomberg berichtet, wächst bei Händlern die Erwartung, dass die Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen zum ersten Mal seit 2007 die 5 %-Marke überschreiten werden, nachdem sie am Mittwochmorgen auf 4,87 % angestiegen sind. Die Korrelation zwischen dem Bloomberg-Index für globale Wertpapiere und einem Index für US-Staatsanleihen hat inzwischen den höchsten Stand seit März 2020 erreicht.
Renditen: Auswirkungen auf alle Assetklassen
Der unaufhaltsame Ausverkauf von US-Staatsanleihen sorgt an den wichtigsten Anleihemärkten für Unruhe, da sich die Händler mit der Erkenntnis anfreunden müssen, dass die Zinssätze wahrscheinlich noch länger höher bleiben werden. Die 10-jährigen australischen Renditen stiegen in der vergangenen Woche schneller als die ihrer US-Kollegen, obwohl die australische Zentralbank die Zinsen weiterhin in der Schwebe hält. Zudem hat die Volatilität auch auf die globalen Aktien übergegriffen.
“Diese Bewegungen beginnen, in allen Anlageklassen Besorgnis zu erregen”, sagte James Wilson, Portfoliomanager bei Jamieson Coote Bonds Pty in Melbourne. “Derzeit herrscht ein Käuferstreik. Niemand will sich steigenden Renditen in den Weg stellen, obwohl die Kurse schon ziemlich überverkauft sind.”
Der globale Anleihemarkt hat gegenüber dem Jahresbeginn inzwischen 3,5% nachgegeben, und der ICE BofA MOVE Index für die Volatilität von Treasuries erreichte am Dienstag den höchsten Stand seit Mai. Am Tokioer Aktienmarkt liegt der Nikkei-Index 1,7% im Minus. Hongkongs Hold-Seng-Index fällt 0,9%, nachdem er gestern bereits knapp 3% eingebüßt hat.
Der Durchschnittspreis für Anleihen im Bloomberg US Treasury Index ist auf 85,5 Cents professional Greenback gefallen. Damit liegt er nur noch einen halben Cent über dem Rekordtief von 1981. Die Rendite zehnjähriger deutscher Bundesanleihen ist am Dienstag auf 2,97% gestiegen und liegt damit knapp vor der 3% Marke. Ende 2022 betrug sie noch 2,57%.
Anstieg der Benchmark-Rendite auf 5,5%?
“Letztendlich glauben wir an den Weg nach oben, aber es ist unwahrscheinlich, dass er linear verläuft”, sagt Portfoliomanager Scott Solomon von T. Rowe Worth, der letzte Woche auf das Potenzial für 10-jährige Renditen hinwies, das Renditeniveau von 5,5% zu testen. “Es gibt ein Tauziehen zwischen einigen traditionellen Anleihe-Käufern, die mit Bick auf Period in einen gewissen Käuferstreik getrieben wurden, und jenen, die das Renditeniveau als gute langfristige Gelegenheit betrachten.”
Die Renditen einiger asiatischer Schwellenländeranleihen wurden am Mittwoch in die Höhe gezogen. Bei indonesische Benchmark-Papieren kletterte sie auf den höchsten Stand seit November.
“Die US-Renditen, die sich auf Jahreshöchstständen befinden, wirken sich im globalen Bereich der festverzinslichen Wertpapiere störend auf andere Regionen und Sektoren aus”, schrieb Steven Main, Stratege bei HSBC, in einer Mitteilung an Kunden.
Unternehmensanleihen
Der Schmerz breitet sich auch auf Unternehmensanleihen aus. Mindestens zwei Emittenten haben am Dienstag von der Emission Abstand genommen, während die Renditen für Blue-Chip-Anleihen im Jahr 2023 einen Höchststand von 6,15 % erreichten. Der größte börsengehandelte Fonds für spekulative Anleihen verzeichnete den größten zweitägigen Einbruch in diesem Jahr, während die Kosten für die Versicherung gegen einen Zahlungsausfall bei einem Index für Junk-Ranking-Schuldtitel den höchsten Stand seit quick fünf Monaten erreichten.
Das derzeitige Rendite-Niveau wird „Kapital aus den risikoreicheren Anlageklassen wie Aktien abziehen, da sich die Anleger nicht im Risikospektrum bewegen müssen, um attraktive Renditen zu erzielen“, so Wilson von Jamieson Coote.
Realrenditen auf dem Vorcrash-Niveau
Der Abwärtstrend hat auch die sogenannten Realrenditen auf Mehrjahreshochs getrieben, wobei der 10-jährige inflationsbereinigte US-Zinssatz auf über 2,4 % geklettert ist und damit das Niveau von 2007 erreicht hat, kurz bevor die US-Aktienmärkte ihren Höhepunkt erreichten.
„Starke Anstiege der realen Renditen führen immer zu Ausschlägen auf dem Aktienmarkt“, so Amy Xie Patrick, Leiterin der Einkommensstrategien bei der Pendal Group in Sydney. Bargeld ist der beste Ort, um sich abzusichern, sagte sie.
FMW/Bloomberg