/Hillienhof
Lahnstein Mit einer symbolischen Krankschreibung des ambulanten Gesundheitswesens an die Adresse von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) protestierten heute geschtzt rund 800 rzte, Psychotherapeuten und Praxismitarbeiter in Lahnstein gegen die Rahmenbedingungen in der ambulanten Medizin. Schluss mit Budgetierung und Bedarfsplanung, lautete ihre Forderung.
Die Politik tut so, als knne sie immer so weitermachen, rief der Vorsitzende der Kassenrztlichen Vereinigung (KV) Rheinland-Pfalz, Peter Heinz, den Protestierenden zu. Dabei htten sich die Rahmenbedingungen fr die Versorgung grundlegend verndert. An die Praxismitarbeiter gewandt sagte er: Wir schmen uns, wie schlecht wir Sie bezahlen mssen.
Wir wollen mit der Veranstaltung heute das Bewusstsein erzeugen, dass die Budgetierung ein Zwangsrabatt ist nur 90 Prozent der Leistungen in den Praxen werden bezahlt allein in Rheinland-Pfalz beluft sich der Zwangsrabatt auf rund 183.000 Euro professional Tag. Peter Heinz, Vorstandsvorsitzender der KV Rheinland-Pfalz
Die KV hatte im Rahmen der Kampagne Wir sehen schwarz zu der Protestaktion nach Lahnstein geladen. In der Stadt sdlich von Koblenz warfare 1992 unter Federfhrung des damaligen Bundesgesundheitsministers Horst Seehofer (CSU) das Gesundheitsstrukturgesetz auf den Weg gebracht worden. 1993 wurden damit die Ausgaben unter anderem fr rztliche Behandlungen und Arznei- und Heilmittel gedeckelt, um die Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung zu stabilisieren.
An selber Stelle forderten die vertretenen KVen nun in einem gemeinsamen Grundsatzpapier Lahnstein23 die Abschaffung der Budgetierung und eine Reform der Bedarfsplanung. Wenn nichts passiert, kann die Versorgung fr viele Menschen auf Dauer nicht mehr sichergestellt werden, warnte Heinz.
Schluss mit der Budgetierung lautet die erste zentrale Forderung der Protestierenden. Weil aus der rzteschwemme lngst ein rztemangel geworden sei, versorgten niedergelassene rztinnen und rzte immer mehr Patienten, erhielten dafr aber nicht die volle Vergtung.
Ich mchte, dass rzte und rztinnen mehr Zeit fr ihre Patienten haben. Die sprechende Medizin sollte mehr Gewicht bekommen. Ellie Bender, Praxismitarbeiterin in einer hausrztlichen Praxis in Nasttten
Wir wollen mit der Veranstaltung heute das Bewusstsein dafr erzeugen, dass die Budgetierung ein Zwangsrabatt ist nur 90 Prozent der Leistungen in den Praxen werden bezahlt allein in Rheinland-Pfalz beluft sich der Zwangsrabatt auf rund 183.000 Euro professional Tag, sagte Heinz am Rande der Veranstaltung dem Deutschen rzteblatt.
Dass Leistungen unterfinanziert seien und nur in Teilen vergtet wrden, sei nicht nur eine unzumutbare Ungleichbehandlung der rzte- und Psychotherapeutenschaft gegenber anderen selbststndigen Berufsgruppen. Sie schade auch der Patientenversorgung.
Das unterstrich auch Thomas Czihal, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Zentralinstituts fr die kassenrztliche Versorgung, in einem Fachvortrag auf der Veranstaltung.
Wir stehen vor riesigen Herausforderungen durch den Fachkrftemangel und die Demografie in Deutschland. Budgetierung und Bedarfsplanung sollten als klares Sign fr die Niederlassung abgeschafft werden. Im Augenblick kommt aus der Politik aber viel Demotivation. Gundolf Berg, Vorstandsvorsitzender des Berufsverbandes fr Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland
Im Gesundheitswesen komme eine doppelte demografische Entwicklung zum Tragen: Eine beralterte rzteschaft treffe auf einen Versorgungsbedarf, der unter anderem wegen des steigenden Alters der Bevlkerung ebenfalls zunehme. Das Angebot an Versorgungsleistungen nehme additionally ab, whrend die Nachfrage immer weiter steige. Entbudgetierung bedeutet Versorgung zu ermglichen, erklrte Czihal.
Grundstzlich offen fr eine Entbudgetierung zeigte sich Erwin Rddel (CDU) aus dem Gesundheitsausschuss des Bundestages, auf dem Treffen dies sei aber ein weiter Weg, schrnkte er ein.
Eng verbunden mit der Budgetierung ist die Bedarfsplanung, die laut dem Grundsatzpapier schon lange am vernderten Bedarf vorbeigeht. Die Bedarfsplanung in der heutigen Kind ist ein Modell von vorgestern, das Zulassung verhindert und bedarfsgerechte Versorgungsstrukturen blockiert, erluterte Andreas Bartels, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KV Rheinland-Pfalz, in dem Grundsatzpapier. Diese msse daher rasch reformiert werden.
Wir sind hier, weil wir die kinderrztliche Versorgung gefhrdet sehen. Wir fordern ein Ende der Pauschalmedizin. Sebastian Bartels aus Montabaur fr den Berufsverband der Kinder- und Jugendrzte (BVKJ)
Grundstzlich gehe es darum, die Niederlassung attraktiver zu machen. Wertschtzung und Anerkennung mssen gefrdert, Qualifizierung und Weiterbildung von Fachkrften ausgeweitet, wirtschaftliche Anreize, lohnende Honorierungen und brokratische Entlastungen der Praxen geschaffen werden, heit es in dem Grundsatzpapier.
Die Politik sei aufgerufen, neben der Aufhebung der Budgetierung und Reformierung der Bedarfsplanung einen attraktiven, motivierenden Rahmen fr die Niederlassung junger rztinnen und rzte zu schaffen.
Das unterstrich auch Martin Degenhardt, Geschftsfhrer des Falk-Bndnis verschiedener KVen auf dem Treffen: Sie haben einen der schnsten Berufe der Welt, aber er wird Jahr fr Jahr kaputtreguliert, kritisierte er. Die ambulante Medizin habe dennoch eine Zukunft wenn denn die Rahmenbedingungen reformiert werden.
Davon zeigte sich Sibylle Steiner aus dem Vorstand der Kassenrztlichen Bundesvereinigung (KBV) berzeugt. Sie erinnerte an das Treffen von KV-Vertretern und anderen Mitte August in Berlin und an den dort abgestimmten Forderungskatalog an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
Die Entbudgetierung zhlt auch hier zu den zentralen Punkten neben der Amublantisierung, einer sinnvollen Digitalisierung, mehr Weiterbildung in Praxen, weniger Brokratie, keinen Regressen und allgemein einer tragfhigen Finanzierung. © hil/aerzteblatt.de