Der Dauerregen dieser Woche dürfte so manchem eine unschöne Gewissheit offenbart haben: Hochwasser, das ist – auch wegen des Klimawandels – nicht nur ein Thema an großen Flüssen oder direkt hinterm Deich. Es kann viele treffen, wenn der Regen einfach nicht mehr aufhört, die Talsperren an ihr Restrict kommen und den Helfern die Sandsäcke ausgehen.
Zu hoffen wäre, dass die Wassermassen auch manchen Hausbesitzer darüber nachdenken lassen, wie er oder sie gegen Wasserschäden versichert ist. So ein Hochwasser kann sonst den finanziellen Smash bedeuten. Leider werden wohl wieder einmal viel zu wenige die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Nicht einmal die Katastrophe an der Ahr vor zweieinhalb Jahren hat an den Beharrungskräften viel geändert. Der deutsche Versicherungsverband warnte im Juli, dass quick die Hälfte der Gebäude nicht gegen Naturgefahren versichert ist. Deshalb sollte die Bundesregierung endlich handeln und eine Versicherungspflicht einführen.
Für eine solche Pflicht sprechen sich seit der Ahrtalflut vor allem die Bundesländer aus, Justizminister Marco Buschmann (FDP) wollte davon bisher wenig wissen. Im jetzigen System sind die Prämien hoch, auch weil eine Flut ein Klumpenrisiko darstellt: Es steht nie nur ein einzelnes Haus unter Wasser. Die hohen Prämien spiegeln zugleich die Realität einer wachsenden Gefahr auf einem wärmeren Planeten wider.
Gefahrenaufklärung hat keinen Effekt
Es stimmt zwar, dass zunächst jeder selbst für die eigene Risikoabwägung zuständig sein sollte. Nur geht diese Rechnung bei Naturkatastrophen nicht auf. Menschen unterschätzen das Risiko. In den Zehnerjahren gab es in Deutschland eine groß angelegte Informationskampagne, die über die Gefahren aufklären sollte. Der Effekt auf die Versicherungsquote lag nahe null, wie Ökonomen des Forschungsinstituts ZEW festgestellt haben.
Außerdem wird sich, wenn das Wasser erst mal da ist und die Häuser zerstört sind, kein Politiker in Gummistiefeln vor die Menschen stellen und sagen: Pech gehabt!
Hilfe vom Staat ist dann nicht unbedingt falsch. Der Gesellschaft ist daran gelegen, Obdachlosigkeit zu verhindern. So entsteht aber auch die Gefahr falscher Anreize: Ich vertraue darauf, dass sich der Staat eh kümmert, wenn es hart auf hart kommt – und werde unvorsichtig. Die Kosten werden sozialisiert, der Nutzen, die schöne Lage am Ufer, privatisiert.
Eine Pflichtversicherung muss – und sollte – nicht heißen, dass jeder den gleichen Beitrag bezahlt. Sonst sind zwar die Schäden abgedeckt, aber das Anreizproblem verlagert sich bloß. Schließlich bleiben manche Gegenden gefährdeter als andere. Eine Versicherungs-Flatrate gäbe keinen Anreiz, wetterfester zu bauen oder gleich ganz aus besonders bedrohten Gegenden wegzuziehen. Die Prämie sollte sich vielmehr am tatsächlichen Risiko vor Ort orientieren.
Manche werden umziehen müssen
Das bedeutet leider auch: Für manchen würde so eine Pflichtversicherung sehr teuer. Für sie könnte der Staat einen Teil der Kosten übernehmen und als Versicherer der letzten Instanz einspringen, wo personal Anbieter oft schon heute das Risiko nicht mehr tragen wollen. Möglich wäre auch, dass wie in Frankreich der Staat als Rückversicherer fungiert und den Versicherungen einen Teil des Risikos abnimmt.
Der finanzielle Anreiz, in weniger gefährdete Gegenden zu ziehen, sollte aber immer erhalten bleiben. Sonst geschieht, was man heute schon in Florida nach verheerenden Wirbelstürmen beobachten kann: Die Leute bauen ihre Häuser genau so wie zuvor an alter Stelle wieder auf, bezahlt von der Versicherung.
Wenn der Klimawandel weiter voranschreitet, wäre das der falsche Ansatz. Manche Menschen werden aus gefährdeten Gegenden wegziehen müssen. Tun sie das nicht, sollten sie an den Kosten beteiligt werden. Populär ist das alles nicht. Aber die Politiker sollten es den Bürgern nicht verschweigen. Vielleicht kommt ein vernünftiges Preissignal über die Versicherungsprämie heute noch früh genug, um bei der nächsten Katastrophe die größten Schäden zu verhindern.