marktbericht
Der etwas überraschende Richtungswechsel in New York am Vorabend stützt weiter den DAX. Die Finanzmärkte trotzen damit der Unsicherheit nach dem gestrigen Terror-Überfall auf Israel.
So schnell kann es manchmal gehen an der Börse. Nach moderaten Äußerungen führender US-Notenbanker zum weiteren Zinskurs der Financial institution haben die Anleger wieder Mut gefasst. Geostrategische Sorgen nach dem jüngsten Überfall auf Israel treten etwas zurück.
Nachdem der DAX zu Wochenbeginn nach dem Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel noch bis auf 15.077 Punkte eingebrochen conflict, steht er heute rund 300 Punkte höher. Bei bisher genau 15.400 Punkten wurde das bisherige Tageshoch markiert, aktuell steht der deutsche Leitindex nur knapp darunter und gewinnt quick 1,7 Prozent. Der MDAX, der Index der mittelgroßen Werte, legt in gleicher Größenordnung zu.
“Fürs Erste haben die Börsen den Israel-Schock erstaunlich schnell abgeschüttelt”, sagte Portfoliomanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Companions.
Die Experten zeigten sich allerdings auch vorsichtig. “Geopolitische Spannungen sind immer ein großes Downside für die Märkte, weil die Bandbreite der möglichen Ergebnisse sehr groß ist”, sagte Kallum Pickering, ein Ökonom bei der Hamburger Privatbank Berenberg. “Daher ist es sehr schwer für die Anleger zu entscheiden, wie sich die Preise bewegen könnten, wenn es bei einem solchen Konflikt keine klare Zugrichtung und Entwicklung gibt.”
Zwar bleibt die geostrategische Unsicherheit im Nahen Osten weiter auf der Agenda der Börse, die Anleger wenden sich aber auch wieder dem zuletzt marktbestimmenden Thema des weiteren Zinskurses der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) zu.
Beruhigende Worte führender US-Notenbanker zur Zinspolitik hätten die Sorgen der Anleger angesichts des Kriegs in Israel zunächst verdrängt, stellte Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Dealer RoboMarkets fest: “Die Wahrscheinlichkeit für eine Fortsetzung der Zinspause auch im November steigt und sorgt für geldpolitischen Optimismus im Markt.”
Unter den 40 DAX-Aktien gibt es kaum Verlierer. Lediglich Daimler Truck, Fresenius und Henkel geben aktuell leicht nach, alle anderen Papiere legen zu. Spitzenreiter ist Onlinehändler Zalando nach einem positiven Analystenkommentar mit einem Plus von intestine 4,4 Prozent. Auch Triebwerksbauer MTU legt zu und gewinnt über drei Prozent. Insgesamt gehen die Gewinne quer durch alle Branchen.
Nachlassende Zinsängste stützen zum Handelsstart auch die Wall Road. Die großen Aktienindizes starten mit moderaten Avancen zwischen 0,1 und 0,4 Prozent. Der Leitindex Dow Jones tut sich dabei am schwersten und ringt mit seinem Schlusskurs.
Der Vizechef der Zentralbank, Philip Jefferson, sagte gestern, die Fed könne mit Blick auf die Frage, inwieweit weitere Straffungsschritte erforderlich seien, “vorsichtig vorgehen”. “Wir befinden uns in einer sensiblen Section des Risikomanagements, in der wir die Gefahr einer unzureichenden Straffung gegen das Risiko einer zu restriktiven Geldpolitik abwägen müssen”, sagte Jefferson auf einem Kongress der Nationwide Affiliation for Enterprise Economics.
Unter den Einzelwerten am Aktienmarkt steht der Getränke- und Snackhersteller Pepsico im Blick, dessen Anhebung der Gewinnprognose die Anleger mit einem Aufschlag von 1,5 Prozent honorierten.
Zur Stabilität der Aktienmärkte trägt dabei ausgerechnet die Fluchtbewegung in sichere Investments wie Staatsanleihen bei, dadurch waren die Renditen merklich gesunken. Zehnjährige Bundesanleihen rentieren aktuell mit rund 2,8 Prozent. Zum Vergleich: Vor knapp einer Woche hatten sie mit über drei Prozent noch den höchsten Stand seit zwölf Jahren erreicht.
Der US-Rentenmarkt, der gestern wegen eines Feiertages geschlossen conflict, eröffnet uneinheitlich. Während zweijährige Papiere gesucht sind, geben zehnjährige moderat nach. Deren Rendite steigt auf 4,7 Prozent.
Entspannungssignale kommen derweil auch vom Ölmarkt, wo die Preise zurückgingen. Die Nordsee-Rohölsorte Brent und die US-Sorte WTI verbilligen sich je um rund 0,8 Prozent. Versorgungsängste nach Kriegsausbruch im Nahen Osten hatten die Rohölpreise zu Wochenbeginn um mehr als vier Prozent in die Höhe getrieben.
Die weitere Entwicklung bei den Ölpreisen bleibt jedoch ein Risikofaktor für die Märkte. “Viel wird davon abhängen, ob sich der Konflikt ausweitet und ob es zu Unterbrechungen der Ölversorgung kommt”, betont denn auch Stuart Cole, Chef-Makroökonom bei Equiti Capital.
Von der deutschen Konjunkturfront kamen derweil am Vormittag abermals unfavorable Nachrichten: Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert für Deutschland einen stärkeren Wirtschaftsabschwung als noch im Juli. Im laufenden Jahr rechnen die IWF-Ökonomen nun mit einer um 0,5 Prozent geringeren Wirtschaftsleistung als im Vorjahr. Im Sommer conflict noch ein Minus von 0,3 Prozent erwartet worden. Deutschland wäre damit weiterhin der einzige G7-Staat, dessen Bruttoinlandsprodukt (BIP) sich negativ entwickelt.
Für Unsicherheit unter den Anlegerinnen und Anlegern sorgt überdies Nation Backyard. Der strauchelnde chinesische Immobilienkonzern hat vor einem möglichen Ausfall von Zahlungen für Auslandsverbindlichkeiten gewarnt. Es gebe erhebliche Unsicherheiten in Bezug auf den Verkauf von Vermögenswerten, so der größte non-public Immobilienentwickler der Volksrepublik. Die Aktien brachen daraufhin in Hongkong um knapp zehn Prozent ein.
Der Euro hat nach anfänglichen Verlusten ins Plus gedreht. Im nachmittäglichen Devisenhandel kostet die Gemeinschaftswährung 1,0604 Greenback und damit rund 0,3 Prozent mehr. Die Landeswährung Israels, der Schekel, kann sich nach dem Kursrutsch zu Wochenbeginn leicht erholen.
Am deutschen Aktienmarkt gehören zinssensible Aktien von Immobilienkonzernen zu den größten Gewinnern der laufenden Erholungsbewegung. Im DAX zieht die Vonovia-Aktie rund 1,5 Prozent an. Die Branchenkollegen LEG und TAG zählen zu den besseren Werten im MDAX, während Patrizia und Grand Metropolis Properties im SDAX vorn liegen.
Der Autobauer Mercedes-Benz bekommt angesichts der schwachen Wirtschaftslage zunehmend Gegenwind im Verkauf. Im dritten Quartal ging der Absatz von Autos im Vergleich zum Vorjahreszeitraum weltweit um vier Prozent auf 510.600 Pkw zurück. Besonders schmerzlich ins Gewicht fallen dürfte das Minus von elf Prozent bei den renditestarken High-Modellen. Und im wichtigsten Markt China verkaufte Mercedes zwölf Prozent weniger Autos als ein Jahr zuvor.
Der weltgrößte Flugzeugbauer Airbus hat die Zahl seiner Auslieferungen im September etwas gesteigert. Nach 52 Maschinen im August seien im vergangenen Monat 55 Verkehrsjets an Kunden übergeben worden. Stand Ende September hat Airbus damit 488 Maschinen ausgeliefert. Für das Gesamtjahr peilt Konzernchef Guillaume Faury 720 Stück an.
Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck hat die Serienversion seines batterieelektrischen Fernverkehrs-Lkw vorgestellt – den Mercedes-Benz eActros 600. Der Verkauf starte in diesem Jahr, die Serienproduktion sei für Ende kommenden Jahres vorgesehen. Mit einer Batteriekapazität von über 600 Kilowattstunden soll nach Konzernangaben eine Reichweite von 500 Kilometern ohne Zwischenladen möglich sein.
Die juristische Auseinandersetzung über Strafzinsklauseln der Commerzbank landet vor dem Bundesgerichtshof (BGH). “Wir ziehen vor den BGH”, sagte Sandra Klug, Abteilungsleiterin Geldanlage, Altersvorsorge, Versicherungen bei der Verbraucherzentrale Hamburg heute. Die Bestimmungen der Commerzbank sahen zeitweise ein Entgelt von 0,5 Prozent professional Jahr auf Spareinlagen vor. Zwar sind die Negativzinsen seit Sommer 2022 passé, die Verbraucherschützer wollen das Thema aber auch für die Zukunft grundsätzlich juristisch klären lassen.
Der neue Vorstandschef der Deutschen Pfandbriefbank (pbb) kommt von der Deutschen Financial institution. Kay Wolf (47) soll zum 1. Februar 2024 in den Vorstand des Immobilienfinanzierers einziehen und wenig später Andreas Arndt ablösen, der die pbb seit neun Jahren führt und in den Ruhestand gehen wird. Wolf ist bisher Risikovorstand der Privatkunden-Sparte der Deutschen Financial institution.
Aktien von Kontron sind im Kleinwertesegment SDAX obenauf. Die IT-Firma aus dem österreichischem Linz hat zwei Aufträge aus der Luftfahrtbranche mit einem Gesamtvolumen von 100 Millionen Euro an Land gezogen. Das mache rund acht Prozent des derzeitigen Konzernumsatzes aus, sagte ein Händler.