Wer sich in der Welt der On-line-Medien bewegt, wird den Eindruck nicht los: Die Angst einer drohenden Rezession hält noch immer an. Und mit einer solchen Rezession würden dann auch die Aktien- sowie die Krypto-Preise arg korrigieren. Doch wie steht es um diese Befürchtungen tatsächlich? Steht eine Rezession noch immer vor der Tür?
Natürlich hängt es davon ab, wo man hinschaut. In Europa sind Länder wie Deutschland oder Großbritannien technisch gesehen tatsächlich in die Rezession abgerutscht. Eine technische Rezession ist dann Tatsache, wenn ein Wirtschaftsraum zwei aufeinanderfolgende Quartale mit negativem Wirtschaftswachstum erlebt hat.
Die größte Angst kommt allerdings davon, dass die USA und damit die nach wie vor größte Volkswirtschaft der Welt in eine Rezession fallen könnte. Aufgrund der Relevanz der USA wären dann wohl auch die Auswirkungen auf die Finanzmärkte am größten. Immerhin macht der US-Aktienmarkt inzwischen ungefähr 45 Prozent der gesamten globalen Marktkapitalisierung aus und ist größer als Indien, China, Australien, die Schweiz, Deutschland, Kanada, das Vereinigte Königreich, Frankreich und Japan zusammen.
Die Daten zeichnen ein anderes Bild
Wie es uns die Daten aber nahelegen, sind die allgemeinen Rezessionsängste nach wie vor unbegründet. Eine Kostprobe gefälligst?
Ein beliebter Rezessionsindikator ist der US Conference Board Leading Economic Index (LEI). Dieser misst verschiedene Wirtschaftsindikatoren wie die durchschnittliche Wochenarbeitszeit im Gewerbe, die Erstanträge auf Arbeitslosenversicherung oder die Auftragseingänge der Konsumgüterhersteller. Steigt der Index, ist das ein Anzeichen, dass die Wirtschaft in naher Zukunft expandieren könnte. Und genau das tut der Indikator aktuell wieder, nachdem sich dieser zuvor auf einem 23-monatigen Rückgang befunden hat.
Dieser Indikator steht im Einklang mit dem US-Wirtschaftswachstum. Dieses ist von Oktober bis Dezember 2023 mit einer Jahresrate von 3,4 Prozent gewachsen – sogar 0,2 Prozent mehr als ursprünglich erwartetet. Wenn auch nicht ganz so stark, so soll das US-Wachstum auch für Q1 2024 weiter steigen.
Zwei andere Datenpunkte, welche einen optimistisch stimmen lassen, sind die neusten Daten zu den Stellenausschreibungen in den USA sowie dem Konsumverhalten. Nicht nur wurden im Februar im Vergleich zum Januar leicht mehr Stellen ausgeschrieben, auch der Preisindex für die Konsumausgaben ist gegenüber dem Vormonat um 0,3 Prozent gestiegen.
Fiskale Dominanz sei “Dank”
Ein letzter Indikator, um den Rezessionsbias zu stützen, ist jener der sogenannten invertierten Renditekurve – eher bekannt als “Inverted Yield Curve” im Englischen. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass in den USA auf eine invertierte Renditekurve quick immer eine Rezession folgte. Seit Sommer 2022 ist die Renditekurve bereits invertiert, doch hat die US-Wirtschaft bisher ein robustes Wachstum gezeigt.
Aktuell ist es additionally so, dass die Dinge wirtschaftlich gutstehen. Nicht die Rezession in den USA scheint man fürchten zu müssen, sondern ironischerweise eher das Gegenteil der Wirtschaftsüberhitzung. Wäre das der Fall, hätte die US-Notenbank ihre aktuelle Geldpolitik wieder zu überdenken und könnte die Zinsen gar noch weiter anheben.
Warum aber hat sich das Rezessionsszenario bisher kaum bewahrheitet? Das Stichwort heißt “fiskale Dominanz” und wir prophezeien schon heute, dass dieses Wortungetüm gute Chancen hat, Ende 2024 zum Begriff des Jahres gekürt zu werden.
Der Ausdruck der fiskalen Dominanz wird in den sozialen Medien gerade heißt diskutiert. Doch was verbirgt sich dahinter? Einfach ausgedrückt ist damit gemeint, dass aktuell der US-Staat das wirtschaftliche Ruder übernommen hat. Das heißt: In Sachen Wirtschaftsankurblung ist der Staat an die Stelle der privaten Banken getreten – diese sind es sonst, welche mit ihrer Kreditausweitungspolitik den Wirtschaftsmotor am Laufen halten. Mittels massiver Neuverschuldung gelingt es ihm, die Liquidität im Wirtschaft- und Finanzsystem aufrechtzuerhalten.
Die US-Gesamtverschuldung steht denn auch bei über 34 Billionen US-Greenback. Allein in den letzten 100 Tagen wurde 1 Billion Neuverschuldung hinzugefügt und betrachtet man die vierteljährliche Brutto-Ausgabe von US-Staatsanleihen, dann befinden wir uns wieder auf dem Degree, das wir während Covid als Antwort auf die Krise erreicht hatten. Bis 2025 soll die Staatsverschuldung 40 Billionen US-Greenback erreichen.
Da die Zinsen für US-Staatsschulden vergleichsweise hoch sind, hat das sogar einen stimulativen Effekt auf die Wirtschaft. Die Erklärung hierfür nennt sich der sogenannte “Curiosity Earnings Channel”. Nicht nur gelangt das Geld, dass sich der Staat ausleiht, in die Wirtschaft, verschiedene Wirtschaftsteilnehmer erhalten auch mehr Einkommen, da sie mit ihrem Geld in Wertpapiere investiert sind, die aufgrund der höheren Zinsen mehr Zinseinkommen abwerfen.
Schuldenmonetarisierung ist vorprogrammiert
Steigende Staatsschulden und Defizite führen aber auch dazu, dass die fiskalische Dominanz stetig weiter zunimmt. Und das wiederum bedeutet, dass die Zentralbank das geldpolitische Instrument der Zinsen immer schlechter zur Inflationsbekämpfung einsetzen kann. Warum das?
Nimmt die fiskalische Dominanz zu, muss schließlich die Zentralbank eingreifen und die Solvenz des Staates sicherstellen. Das geschieht mittels Schuldenmonetarisierung. Von Schuldenmonetarisierung spricht man, wenn die Regierung vor unkontrollierbaren Defizite steht, die Zinssätze deshalb in die Höhe schießen und die Zentralbank angehalten ist, die Zinsen als Reaktion darauf zu begrenzen. Die Zinsen werden gedeckelt, indem sich die Zentralbank implizit bereit erklärt, alle verfügbaren Schuldpapiere des Staates zu kaufen.
Noch ist das Ausmaß dieser Artwork der Schuldenmonetarisierung nicht so weit fortgeschritten. So scheint eher das Gegenteil der Fall zu sein. Die US-Notenbank ist seit längerem dabei, ihre Bilanz mittels „Quantitative Tightening“ (QT) abzubauen. Die Konsequenz ist das Auslaufen von US-Staatsanleihen – additionally das Gegenteil von Schuldenmonetarisierung.
Absorbiert wird die gewaltige Schuldenlast derzeit noch von den Banken. Diskutiert werden sogar Regulierungsänderungen, um den Banken das Halten von US-Staatsschulden zu erleichtern. So wurden die Regulierungsbehörden auffordert, US-Staatsanleihen dauerhaft von den Eigenmittelquote (bekannt als “Supplementary Leverage Ratio” oder kurz SLR) auszunehmen. Für Banken hätte das eine Verringerung der aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalanforderungen bei US-Schuldpapieren zur Folge, was es ihnen ermöglichen würde, mehr davon halten zu können.
Dieser Krug geht jedoch zum Brunnen, bis er bricht. Wie lange die Banken in einer Welt der hohen Zinsen noch Bilanzkapazität haben werden, ist anybody’s guess. So mussten sie bereits hohe Abschreibungen auf ihre gehaltenen «sicheren» Staatsanleihen hinnehmen. Je länger die Zinsen hoch bleiben, desto wahrscheinlicher wird es, dass auch Immobilienabschreibungen und Abschreibungen bei gewerblichen Krediten ihren Tribut fordern werden.
So dürfte der Zeitpunkt kommen, wo diese Staatsschuldenfinanzierung nicht mehr nur von Banken gestemmt werden kann. Dann wird die US-Notenbank einschreiten müssen, um diese massiv gestiegenen Schulden mittels neuerlicher Verlängerung (Ausweitung) ihrer Bilanz zu finanzieren. Intestine möglich, dass die Zinsen dann durch die US-Zentralbank auch wieder die ökonomische Realität gesenkt werden.
Der Grund, dass selbst Gold in diesen Tagen ein neues Allzeithoch erreicht hat und das im aktuellen Marktumfeld der hohen Zinsen, ist ein deutliches Sign dafür, dass der Markt eine large Schuldenmonetarisierung erwartet. Bitcoin (und Krypto) werden mächtig profitieren.
Über den Autoren
Pascal Hügli ist Moderator, Debattierer und Dozent an der HWZ. Als Analyst für den deutschsprachigen Newsletter Insight DeFi möchte er die breite Masse kompetent und prägnant über die Ereignisse und Chancen der neuen dezentralen Welt von Bitcoin und Co. informieren. Auch ist er Autor von Ignorieren auf eigene Gefahr: Die neue dezentrale Welt von Bitcoin und Blockchain.
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